Besuch der NS-„Euthanasie“-Gedenkstätte in Bernburg 

Nach einer recht langen Busfahrt am 18. Januar - verursacht durch einen Stau - kamen wir verspätet, jedoch noch munter in Bernburg an. Am Einfahrtstor der Psychiatrie wurden wir von einem jungen Mann, der uns zur Gedenkstätte führte, empfangen und coronabedingt in zwei Gruppen aufgeteilt.
Wir betraten das Gebäude, ein paar Treppenstufen nach oben und einen Korridor entlang, bis wir uns in einem Raum setzen durften. Dort stellte uns Frau Gebauer allgemein die Gründung der Psychiatrie, das Gelände sowie dessen damalige Nutzung als Tötungsanstalt von sozial und gesundheitlich Schwachen vor. Auch beschrieb sie uns den Ablauf vom Transport der Opfer bis hin zur Vergasung. Außerdem gab sie uns Auskunft über einige NS-Ärzte, deren Spezialisierungen und Vorstellungen zur Umsetzung der Rassenideologie. Eine Nennung weiterer „Euthanasie“- Anstalten in Deutschland gehörte auch dazu.

Darauf folgte eine Vorstellung verschiedener Opfer der NS-„Euthanasie“ in Bernburg und deren Täter. Besonders interessant fand ich dabei ihren direkten Vergleich des Erscheinungsbildes der Täter mit den damaligen NS-Ideologien und -Vorstellungen des arischen Aussehens. Zum Beispiel trugen viele NS-Ärzte Brillen und sogar Joseph Goebbels selbst hatte einen Klumpfuß - alles Kriterien, nach denen damals „aussortiert“ wurde. Danach wurde es Zeit für uns Vorträge auszuarbeiten. Frau Gebauer hatte fünf Themen für uns vorbereitet, welche in 45 Minuten in eine gegliederte Präsentation ausgearbeitet werden sollten. So befassten wir uns mit dem Ablauf und der Organisation sowie dem Personal in der NS-„Euthanasie“ in Bernburg, einigen Täter- und Opferbiografien und dem Thema „Zwangssterilisation“.
Insgesamt wurde diese Arbeitseinheit von uns Schülern als sehr spannend und informativ bewertet, jedoch gab es die Zeit nicht wirklich her, die Themen zu verinnerlichen, da sie doch immer wieder schockieren und zum Nachdenken anregen bzw. ziemlich beängstigend waren. Nach den Schülervorträgen wurde uns erstmals erzählt, dass wir uns gerade in dem damaligen Untersuchungsraum der Opfer befanden, in dem die Ärzte aus körperlichen Schwächen und Krankheiten der Patienten eine Begründung für den späteren Tod derer erfanden. Nachdem diese Information auf uns gewirkt hatte, folgten wir Frau Gebauer ein paar Treppenstufen hinab in die Kelleranlage. Darauf folgte ein langer Gang, in welchem Infotafeln mit originalen Briefen und Bildern aufgereiht standen. Schließlich bogen wir in einen kleinen Vorraum ein, wo wir nochmals belehrt und über die damalige Nutzung aufgeklärt wurden. Dort standen zur damaligen Zeit die nackten Opfer und warteten auf ihren Einlass in den „Duschraum“. Durch ein kleines Fenster in der Wand konnten die Aufseher die Vergasung mitverfolgen – manchmal sollen sie nebenbei auch in Karten gespielt haben.

Schließlich betraten wir die Gaskammer. Spätestens jetzt überfiel jeden von uns ein unbeschreiblich beklemmendes Gefühl. Ein so enger Raum, zwei originale Duschköpfe hingen noch an der Decke befestigt, die Fliesen wie zur Erbauung. Nach einigen Minuten des Schweigens, Betrachtens und Verarbeitens des Ganzen folgten wir Frau Gebauer durch eine zweite Tür in einen weiteren, sehr schmalen Gang, durch welchen die Opfer bis zum Krematorium geschliffen wurden. Links von uns erschien ein weißer Tisch, welcher damals als Seziertisch verwendet wurde. Dort gingen wir immer weiter, bis wir im Krematorium ankamen. Hier hingen Bilder von einigen Opfern, welche in Bernburg ihr Leben ließen, und an der Stelle, wo früher die Verbrennungsöfen standen, waren jetzt tiefe Einkerbungen im Boden. Hier legten die Schülersprecher/-innen einen Strauß Blumen nieder, um die Opfer Bernburgs zu gedenken. Nun konnten Fragen gestellt und die Infotafeln gelesen werden. Wir Schüler bekamen etwas Zeit, um diese ganzen Informationen miteinander zu verknüpfen und zu verarbeiten. Schließlich mussten wir wieder die Treppenstufen nach oben nehmen und verließen somit den Keller. Nach einigen letzten Worten seitens Frau Gebauer verabschiedeten wir uns und wurden zurück zum Bus geleitet. Dort war es dann, verglichen mit der Hinfahrt, sehr ruhig.

Insgesamt stufen meine Mitschüler und ich die Exkursion nach Bernburg als lehrreich und interessant ein. Frau Gebauer hat uns sehr gut angeleitet und einen übersichtlichen, informativen Vortrag gehalten. Es wurde Rücksicht auf unsere gesundheitliche und psychische Reaktion auf die Themen genommen. Leider war etwas zu wenig Zeit beim Erarbeiten der Vorträge und dem Lesen der Informationstafeln in der Kelleranlage gegeben. Trotz der psychischen Belastung ist diese Exkursion eine eindrucksvolle und wichtige Erfahrung für uns alle gewesen, welche jeder einmal gemacht haben sollte.

Bericht von Theresa Dreher, Klasse 10.3

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